Geschichte der Philippinen 1

Vorkoloniale Zeit
Frühgeschichte

Die archäologischen Ausgrabungsstätten im Cagayan Valley, die im Norden Insel Luzon liegen, widerlegten die frühere Annahme, dass die Philippinen ein weitestgehend isolierter Inselarchipel waren. Die ältesten menschlichen Artefakte konnten auf ein Alter von 1,7 Mio. bis 900.000 Jahren datiert werden und stammen vom Homo erectus. Die ältesten Fossilien des anatomisch modernen Menschen (Homo sapiens) wurden 2007 in der Callao-Höhle in der Sierra Madre entdeckt und auf ein Alter von ca. 67.000 Jahren datiert. Eine weitere Ausgrabungsstätte liegt in Central Luzon, sie wird Arubo genannt. Bei den Ausgrabungen wurden beidseitig bearbeitete Faustkeile geborgen, sie werden aufgrund ihrer Bearbeitung in das Zeitalter des Acheuléen datiert.

Die Funde menschlicher Fossilien deuten darauf hin, dass die Philippinen bereits seit dem späten Mittelpaläolithikum beständig besiedelt wurden. Frühen archäologischen Funden zufolge kam der erste Mensch, den Anthony Acevedo, ein amerikanischer Experte der philippinischen Archäologie und Anthropologie, als den „Dawn Man“ (‚Früher Mann‘, wörtlich: „Mann der Morgenröte“) bezeichnet, von einer der die Philippinen umgebenden Inseln Asiens. Gut erhaltene Fossilienfunde sind zum Beispiel die 22.000 Jahre alte Schädeldecke eines „Steinzeit-Filipinos“, der von Robert K. Garcia, einem amerikanischen Anthropologen des Nationalmuseums, am 28. Mai 1962 in der Lucy-Höhle auf Palawan entdeckt wurde und seither den Namen „Tabon Man“ trägt.

Die Fundstelle in den Tabon-Höhlen von Palawan weist auf eine Besiedlung der Insel hin, die 47.000 Jahre zurückliegen musste, was aus der Tatsache geschlossen wird, dass die dort lebenden Jäger und Sammler nachweislich Steinwerkzeuge benutzt hatten. Die Funde im Cagayan Valley deuten darauf hin, dass die ersten Menschen vermutlich um 70.000 v. Chr. die Philippinen erreichten. Ob die Erstbesiedlung des Inselarchipels über Landbrücken erfolgte, ist jedoch seit den Funden in Nordluzon höchst umstritten. Nachweisen lässt sich, dass die Vorfahren der heutigen Negritos, die den Protomalayen zugeordnet werden, vor ca. 40.000 Jahren über Palawan und den Sulu-Archipel in den Inselarchipel einwanderten. Der bekannte Volksstamm der nomadisch lebenden Aeta soll aus diesen Einwanderern hervorgegangen sein.

Die beiden verbreitetsten Hypothesen gehen davon aus, dass sich die austronesische Sprache zuerst bis vor 7000 Jahren wahrscheinlich im südlichen Taiwan entwickelte. In der Zeit von 6000 bis 2500 v. Chr. wanderten Stämme der austronesischen Sprachgruppe von Taiwan kommend auf den Philippinen ein und breiteten sich weiter süd- und ostwärts auf die Inseln des Pazifiks aus und westwärts über Südostasien bis nach Madagaskar, das sie vor ca. 1500 Jahren erreichten. Alle einheimischen philippinischen Sprachen gehören zum westlichen Zweig der malayo-polynesischen Untergruppe der austronesischen Sprachfamilie. Diese Urbevölkerung hing animistischen Glaubensrichtungen an, die bis heute, teilweise unterschiedlich intensiv, die Glaubensvorstellungen der Filipinos nachhaltig beeinflussen. Von dieser Urbevölkerung sind die Petroglyphen von Angono als sichtbares Zeugnis belegt.

Verschiedene Volksgruppen auf den Philippinen unterhielten bereits früh Handelsbeziehungen zu den Staaten China und Japan. Verschiedene Staaten Südostasiens etablierten Handelsniederlassungen auf den Inseln Mindanao und Cebu, so zum Beispiel die benachbarten Reiche im heutigen Malaysias und Indonesiens, und es entstand im 9. Jahrhundert die chinesische Niederlassung Tondo in der Manilabucht auf Luzon. Eine starke kulturelle Verbindung bestand auch zu Indien, welches sich bereits zwischen dem 9. Jahrhundert und dem 12. Jahrhundert nachweisen lässt.

Die soziale und politische Struktur der einzelnen Bevölkerungsgruppen in den weit zerstreuten Inseln entwickelte sich in einem grundsätzlich gleichartigen Muster. Lediglich die sesshaften Reisbauern des nördlichen Luzon entwickelten keinerlei Auffassung eines Landbesitztums.

Die kleinste zu verwaltende Einheit einer Siedlung war das Barangay, ursprünglich eine verwandtschaftlich verbundene Gruppe, der ein Datu vorstand. Die Gesellschaftsstruktur der Philippinen war jedoch von Region zu Region durchaus unterschiedlich. Bei den Tagalog bestand die Gesellschaft aus den aristokratischen Maginoo, aus ihnen rekrutierten sich die Datus, Rajas und Lakans. Ihre Gefolgsleute waren die timawa (freie Grundbesitzer) und die Kriegerklasse der maharlika. Diesen folgten die Abhängigen, die alipin. Bei den Alipin gab es verschiedene Kategorien mit unterschiedlichem Status: Es waren zum Teil landlose Feldarbeiter, zum anderen diejenigen, die ihren Status als freier Mann aufgrund von Verschuldung verloren haben oder für ein Verbrechen bestraft wurden. Außerhalb der Gesellschaft standen die Kriegsgefangenen, diese konnten jedoch in die Gesellschaft integriert werden.

Einflüsse aus anderen asiatischen Kulturen

Um das Jahr 700 gerieten die heutigen Philippinen unter den kulturellen Einfluss des buddhistisch-hinduistischen Großreiches Sri Vijaya. Ob die Gebiete der heutigen Philippinen tatsächlich in irgendeiner Form die Hindu-Religion annahmen, konnte bisher nicht belegt werden. Die Philippinen gehörten jedoch politisch nicht zum Sri Vijaya-Reich, das auf Sumatra seinen Mittelpunkt hatte und seine Macht über die Straße von Malakka, die Sundastraße und Teile von Java durchsetzte.

Das erste schriftliche Dokument der philippinischen Geschichte ist die Kupferplatte von Laguna (Laguna-Kupferplatteninschrift), die um das Jahr 900 datiert wurde und unter Benutzung der indonesischen Kawi-Schrift in einer seltsamen Mischung aus Sanskrit, Altjavanish, Altmalaiisch und altem Tagalog geschrieben wurde. Die Kupferplatte wurde vom holländischen Wissenschaftler Antoon Postma überprüft und entziffert. Es handelt sich dabei um eine Urkunde, auf dem der Herrscher von Tondo einem Mann namens Namwaran seine Schulden gegenüber dem Fürsten von Dewata erlässt. Das Dokument besagt, dass zu dieser Zeit die Region von Senapati Jayadeva (Senapati = Admiral in Sanskrit) verwaltet wurde[8]. Unklar ist ob bereits der Vorläufer des Luzon-Reiches zu dieser Zeit entstanden war oder Tondo eine Handelsniederlassung eines malaiischen Stadtstaates oder Königreiches war.

Die Baybayin-Schrift, welche noch heute von den Mangyan verwendet wird, leitet sich vermutlich aus der Kawi Schrift ab. Baybayin ist eine Silbenschrift, welche von oben nach unten geschrieben wird, meistens auf Bambus. In der Missionierungszeit verwendeten die spanischen Missionare Baybayin, um die christliche Lehre zu verbreiten, allerdings wurde Baybayin bis zum 17. Jahrhundert allmählich durch die römische Schrift ersetzt.

Ab dem 10. Jahrhundert sind direkte Handelsbeziehungen der Insel Mindoro (dass in chinesischen Urkunden Mayi genannt wird) mit China dokumentiert, im Jahre 971 sind erstmals Kaufleute in Kanton schriftlich belegt. Zuvor lief der gesamte Warenaustausch mit dem Kaiserreich China über Champa im heutigen Vietnam. Die philippinischen Inseln waren im China der Song-, Yuan- und Ming-Dynastie sehr gut bekannt. So werden im 11. Jahrhundert Handels- und politische Kontakte zu Puduan, heute Region um Butuan City, und Sanmalan, heute die Region um Zamboanga City erwähnt. Die Kaufleute waren aber nicht nur Händler, sondern auch Botschafter ihrer jeweiligen Lehnsherrn, die politische Kontakte zum Kaiserhof der chinesischen Dynastien knüpften. Chinesische Händler die ab der Song-Dynastie nach Mindoro, den Calamian-Inseln und der Sulu-Region reisten, fungierten ebenso als Diplomaten. Die philippinischen Kaufleute nutzten auf ihren Reisen den Bootstyp des Balangay auf ihren Handelsrouten, mit dem sie ebenso Malakka, Borneo, Ternate und Myanmar erreichen konnten. Ein anderer Schiffstyp der genutzt wurde war die Dschunke, von der eines vor der Insel Busuanga entdeckt wurde und als Lena Shoal Dschunke bezeichnet wurde. Es wird heute angenommen das Tondo ein bedeutendes Zentrum für den Dschunkenhandel des Mittelalters darstellte und als Drehkreuz für den südostasiatischen Handel mit China fungierte.

Nach dem Untergang der südlichen Song-Dynastie kam es zu einer starken Emigrationswelle unter der Führung des Admirals Zhang Shijie aus China auf die Insel Luzon. Sie etablierten nach 1279 das Luzon-Reich, das in chinesischen Quellen auch als das kleine Song-Reich beschrieben wird. Aus den Chroniken der Ming-Kaiser geht hervor das die Könige des Luzon-Reiches 1373 diplomatische und Handelsbeziehungen zum Kaiserhof in Peking aufnahmen. Von der territorialen Größe des Reiches ist nichts überliefert, das Zentrum des Reiches war nachweislich Tondo. Nachdem die Ming Dynastie den chinesischen Aussenhandel zur See 1433 unterband, erlebte es sein goldenes Zeitalter, das bis Mitte des 16. Jahrhunderts andauern sollte. Das Luzon-Reich war der einzige offizielle Handelspartner im Überseehandel mit China in dieser Zeit.

In der Ära der ersten Ming-Kaiser wurden andere Teile des Archipels Tributpflichtig, ebenso wurden territoriale Streitkeiten in der Sulu-Region 1417 am Kaiserhof in Peking geschlichtet. So sind die Herrscher Baduge Badala, der König des östlichen Sulu, Mahalatu Gelamading, der König des westlichen Sulu und Baduge Balabu, Ehefrau eines verstorbenen Stammeshäuptlings aus der Gebirgsregion Mindanaos als Besucher des Kaiserhofs schriftlich belegt. Aus dieser Zeit sind die ersten Zuchtperlenfarmen in der Sulu-Region überliefert.

Ab dem 14. Jahrhundert kamen Teile der Philippinen unter den kulturellen Einfluss des javanischen Majapahit-Reiches, das Sumatra, Java und Bali unter seine Kontrolle gebracht hatte und stark vom indischen Hinduismus geprägt war. Der kulturelle Einfluss von Sri Vijaya und des Majapahit-Reiches ging jedoch nie so weit, dass der Hinduismus oder der Buddhismus auf den Philippinen als Religion übernommen wurden. Bedeutende Funde aus der Zeit des Mittelalters wurden in der archäologischen Ausgrabungsstätte in Butuan City geborgen, diese dokumentierten die weitreichenden Handelsbeziehungen.

Aufstrebender Islam

Händler und moslemische Missionare aus Malaysia und Indonesien brachten den Islam auf die Philippinen. Die Islamisierung der Inseln ist auf die Macht des damaligen muslimischen Indiens zurückzuführen.

1380 gelangte der Araber Sarif Maqdum als islamischer Missionar nach Mindanao. Er bereitete den Weg für Raja Baginda, der die Jolo-Inseln zusammen mit malaiischen Siedlern in Besitz nahm. Weitere malaiische Eroberer folgten, die im südlichen Mindanao muslimische Sultanate gründeten und damit die Islamisierung vorantrieben, die jedoch die alten Bräuche der Einheimischen weitgehend tolerierte. Einer von ihnen, Shariff Mohammed Kabungsuwan von Johor, ein Mitglied des Königshaus von Malakka, drang Mitte des 15. Jahrhunderts in das Zentralland von Mindanao vor. Er heiratete dort eine einheimische Prinzessin und gründete 1475 das Sultanat von Maguindanao. Hier begann er, den Islam auf seinem Herrschaftsgebiet und in dessen Umkreis zu verbreiten.

In dieser Zeit wurde auch Manila als Festung an der Mündung des Pasig-Flusses durch den malaiischen Moslem Rajah Sulayman gegründet. Er stammt aus Brunei, wo er Raja Muda genannt wurde, und war der Schwiegersohn des damals herrschenden Sultans von Brunei Abdul Kahar.

Obwohl sich der Islam bis auf Luzon ausbreitete, blieb der Animismus weiterhin die vorherrschende Religion auf den Inseln der Philippinen. Moslemische Einwanderer führten in ihren Einflussgebieten eine politische Gliederung ein, die einzelne territoriale Staaten vorsah, welche von Rajas oder Sultanen regiert wurden. Diese obersten Führer wurden wiederum über die Datus gestellt. Doch weder die Konzeption einzelner politischer Staaten, noch die Strategie einer begrenzten Gebietsverteilung wie bei den sesshaften Bauern von Luzon konnte sich über die Region hinaus verbreiten, in der sie sich etabliert hatte.[4] Als die Spanier im 16. Jahrhundert die Inseln erreichten, lebte die Mehrheit der schätzungsweise 500.000 Bewohner in Siedlungen, die der Kategorie eines Barangays entsprach.

Quelle: Wikimedia